Seiten

Donnerstag

Und wenn ich einen Wunsch, nur einen einzigen, frei hätte. Ich würde zurückreisen zu dem Tag, an dem ich das erste Mal dein bescheuertes Lachen gehört, dein schmieriges Augenzwinkern gesehen, über deine grauen Haare gelacht, dein Verhalten kritisiert, deine Sprüche für Nichtigkeiten gehalten und deine kläglichen Versuche mich zu beeindrucken direkt durch sarkastische Kommentare zunichte gemacht und im Keim erstickt habe.
Ich weiß nicht, ob ich etwas anders gemacht hätte. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Dann hätte es unsere Geschichte nie auf's Papier geschafft. Aber ich hätte dich mit all dem, was du bist und hast, und auch fühlst, lieben und wertschätzen können. Ich weiß nicht, ob ich das immer noch tue. Da ist es wieder, das Vielleicht. Es ist so viel Zeit vergangen. Andere Menschen sind in mein Leben getreten. Und doch, in den ernsten, bedürftigen und auch schönen Momenten warst du mir immer ganz nah, obwohl wir uns doch mittlerweile mehr als entfremdet haben. Ich weiß nicht einmal, wann ich dich zuletzt gesehen habe. Und noch viel schlimmer ist, dass ich nicht mehr weiß, wie du riechst. Wie du schmeckst, ist mir auch entfallen, aber dein Geruch war viel stärker als das. Er war ein klitzekleiner Überrest von etwas ganz großem. Dein Geruch war Heimat, Geborgenheit, Sicherheit, Mut, und letztendlich auch die Hoffnung nicht zu vergessen. Denn wer würde sich noch an uns erinnern, wenn nicht ich? Wer würde an all die Momente zurückdenken, wenn nicht ich? Wo du doch schon längst unsere Geschichte im Regal verstauben hast lassen. Ich will nicht vergessen. Wenn ich dich schon nicht haben kann, will ich wenigstens, dass die Erinnerungen bestehen bleiben, wenn auch nur in meinen Gedanken. Vermutlich sind sie dort am sichersten und wenn ich sie mit niemandem teile, kann sie mir auch keiner nehmen. 
Jetzt verstehe ich, was die Leute damit meinen, wenn  sie sagen, dass der Mensch im Nachhinein immer klüger ist. 

Jetzt weiß ich, was ich verloren habe. 

Nove xx 

Keine Kommentare: